Wie Rösti die Post reformieren will

  21.06.2024 Gesellschaft

GRUNDVERSORGUNG Weil das Brief geschäft seit Langem rückläufig ist, plant der Bundesrat einen Leistungsabbau. Künftig soll nicht mehr jedes abgelegene Haus beliefert werden, und auch die Pünktlichkeitsvorgaben ändern sich.

BIANCA HÜSING
Die Post schreibt schwarze Zahlen. Erstens tut sie das aber nicht wegen, sondern trotz ihres Kerngeschäfts, und zweitens werden die Gewinne von Jahr zu Jahr kleiner. 2023 erzielte der Gesamtkonzern ein Plus von 254 Millionen Franken – das sind 41 Millionen weniger als im Vorjahr und nicht einmal halb so viel wie vor zehn Jahren. Die Erträge kommen vorwiegend aus dem Bankensektor (PostFinance), während sie im Zustelldienst schrumpfen und das Schaltergeschäft sogar verlustreich ist. Der Konzern selbst reagiert hin und wieder mit erhöhten Portokosten und mit der Schliessung eigener Filialen. Erst kürzlich verkündete das Unternehmen, bis Ende 2028 170 weitere Poststellen abbauen zu wollen. Aus welchen Orten sich die Post in den kommenden Jahren zurückziehen respektive wo sie auf sogenannte «Filialen mit Partner» umstellen will, konnte oder wollte sie auf Nachfrage nicht mitteilen. «Ab Juli werden wir mit den betroffenen Kantonen und Gemeinden Gespräche führen, um eine optimale Lösung für die Kundenbedürfnisse zu finden», so die Antwort der Pressestelle.

Vernehmlassung Anfang 2025
Doch nicht nur die Post selbst, sondern auch die Politik reagiert auf die sinkende Nachfrage im Schalter- und Briefgeschäft. Letzten Freitag zeigte Albert Rösti auf, wie der Bundesrat die Postverordnung anzupassen gedenkt. Zum einen will er der Post künftig mehr Zeit geben: Nur noch 90 Prozent der Pakete und Briefe müssen demnach pünktlich zugestellt werden, aktuell liegen die Zielwerte bei 97 Prozent (Briefe) und 95 Prozent (Pakete). Laut Rösti geht es darum, «dass Pakete in Ausnahmesituationen auch einmal ein bisschen später zugestellt werden dürfen». Er denke da an Zeiten mit besonders hohem Paketaufkommen wie Weihnachten oder den Black Friday. Zum anderen muss nicht mehr jede abgelegene Liegenschaft beliefert werden. Gemäss aktueller Postverordnung müssen Briefträger jedes ganzjährig bewohnte Haus ansteuern, künftig soll sich diese Pflicht nur noch auf ganzjährig bewohnte Siedlungen beziehen. Gemäss Bundesrat wären davon rund 60 000 Haushalte betroffen, für die man eine andere Lösung finden müsste. Von diesen Lockerungen in der Grundversorgung verspricht sich der Bund als Besitzer der Post AG jährliche Einsparungen in Höhe von 45 Millionen Franken. Die revidierte Verordnung soll kommenden Frühling in die Vernehmlassung gehen, doch Kritik wird bereits jetzt laut. So beklagt etwa die Gewerkschaft Syndicom einen Abbau des Service public, und der Konsumentenschutz schlägt dem Bund stattdessen vor, auf seine jährliche Dividende zu verzichten. Diese lag im vergangenen Jahr bei 50 Millionen Franken.

Gravierendere Massnahmen abgewendet
Tatsächlich sind die Pläne des Bundesrats aber weniger einschneidend als ursprünglich gedacht. Eine Expertenkommission hatte der Regierung vorgeschlagen, die Briefzustellungen von fünf auf drei Tage pro Woche zu reduzieren und die A-Post abzuschaffen. Von diesen Massnahmen ist der Bundesrat aber offenbar abgerückt. Ein gegenteiliger Vorschlag von SVP-Nationalrat Michael Graber, stattdessen die B-Post abzuschaffen und die A-Post zum Standard zu erheben, hatte ebenfalls keine Chance. Der Nationalrat lehnte die Motion letzte Woche mit 161 zu 26 Stimmen ab.


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