Es ist der Albtraum jedes Dirigenten und jeder Dirigentin: Die Bänke sind voll besetzt, das erste Stück soll beginnen – doch nichts rührt sich. So sehr der Taktstock auch wedelt: Alle Instrumente bleiben stumm.

Am vergangenen Samstag wäre dieses Szenario beinahe eingetreten. Die Musikgesellschaft Kandersteg hatte zum Adventskonzert in der reformierten Kirche eingeladen, und im Mittelpunkt des Abends stand eine weihnachtliche Geschichte. Und die ging so:

Während einer Probe versagen plötzlich die Instrumente. Kein Ton erklingt mehr, so sehr die MusikantInnen sich auch abmühen. Alle rätseln, was die Ursache sein könnte – bis sie auf einmal ein kleines, lilanes, rundes Etwas mit vielen Haaren entdecken. Das merkwürdige Wesen stellt sich als Molli, das Musikmonster, vor. Es hat sich im Proberaum der Musikgesellschaft eingenistet, und weil es sich von Tönen ernährt, herrscht dort jetzt gespenstische Stille. In der Zeit vor Weihnachten seien die Töne besonders köstlich, erzählt das sonderbare Wesen, «da schmecken sie nämlich immer nach Zimt, Vanille und Orangen».

Die Töne müssen wieder her!
Die Erzählung von Molli, dem Musikmonster, hatte die Es-Hornistin Nora Jost schon im Herbst verfasst. An einem Samstag im November waren dann alle JungmusikantInnen des Vereins zusammengekommen und hatten die Geschichte in Bildern festgehalten. Sie malten nicht nur das kleine Monster, sondern auch, wie sich die MusikantInnen in der Geschichte aus ihrer misslichen Lage befreien konnten. Dazu mussten sie Molli dazu bringen, die gefressenen Töne wieder zurückzugeben. Sie inszenierten dazu eine ordentliche Show: Die Posaunisten versuchten es mit Akrobatikeinlagen, andere begannen, im Chor zu singen oder ahmten das Schlagzeug mit selbst erzeugten Geräuschen nach. Bloss: So richtig brillant war das alles nicht.

Doch oh Wunder: Molli liess sich überzeugen, die verschlungenen Töne wieder auszuspucken – nicht, weil die Darbietungen so grandios gewesen wären, sondern weil alle Mitglieder des Vereins dabei ihr Bestes gegeben und einander nach Kräften unterstützt hatten. «Ich bin begeistert von eurem Teamgeist, und ich denke, ich sollte euch eure Töne zurückgeben», befand Molli. Das Adventskonzert war gerettet.

Am vergangenen Samstagabend trug die Moderatorin des Abends, Linda Grossen, die Geschichte von Molli, dem Musikmonster, vor. Das Publikum sollte ja schliesslich wissen, wie abenteuerlich die Vorbereitung auf dieses Konzert gewesen war! Die passenden Bilder der JungmusikantInnen wurden zur Untermalung mit einem Beamer an die Kirchenwand projiziert.

Viel Luft und ein gutes Gehör
Weil die verschwundenen Töne zum Glück wieder aufgetaucht waren, gab es natürlich auch noch etwas Musik zu hören. Nach einem schwungvollen Auftakt («Baby, it’s cold outside») folgten einige weihnachtliche Choräle. Solche ruhigen, langsamen Stücke sind für Blasorchester stets eine Herausforderung. Damit sich ein harmonisches Klangbild ergibt, braucht es viel Luft und ein gutes Gehör. Wie sich zeigte, hatte sich das Üben der letzten Wochen gelohnt: Viele Stücke spielte die Musikgesellschaft in der bisher besten Version.

Der zweite Teil des Konzerts war der Popmusik gewidmet. Der 1970er-Jahre-Hit «Mandy», ABBAs «Happy New Year» oder «Für immer uf di» von Patent Ochsner – die Melodien solcher Stücke dürfte mancher Zuhörer wohl im Ohr gehabt haben.

Doch noch ein bisschen Aufregung
Auch wenn die Geschichte von Molli erfunden ist: Ein bisschen Aufregung hatte es bei der Vorbereitung aufs Konzert tatsächlich gegeben. Wenige Tage vor dem Auftritt fiel der Schlagzeuger der MG Kandersteg wegen einer Verletzung aus. Die Dirigentin Julia Packmor telefonierte sich durch die «Musikszene» und schaffte es, kurz vor dem Auftritt einen Ersatz zu organisieren. Sehr kurzfristig sprang der Schlagzeuger einer anderen Musikgesellschaft ein und spielte das Adventskonzert ohne grosse Vorbereitungszeit mit.

Teamgeist und Solidarität funktionieren offenbar auch vereinsübergreifend. Molli, das Musikmonster, hätte seine Freude daran gehabt.

PRESSEDIENST MG KANDERSTEG

Wie der Teamgeist ein Adventskonzert rettete

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title