Unterwegs für die Umwelt
20.12.2022 KanderstegFreiwillig sammelt der zehnjährige Simon Nussbaum in und rund um Kandersteg Kehricht ein. Er versteht die Sorglosigkeit vieler Menschen gegenüber der Natur nicht.
KATHARINA WITTWER
An schulfreien Nachmittagen oder an Wochenenden zieht oft ein kleiner Junge, «bewaffnet» mit einem schwarzen Kehrichtsack, durch Kandersteg. «Nein, Simon muss keinesfalls als ‹Ghüdersammler› unsere Haushaltkasse aufbessern», beteuert Yvonne Nussbaum und fügt gleich an, dass ihr Sohn damit vor etwa zwei Jahren von sich aus angefangen habe.
«Die Natur tut mir leid»
Was aber treibt einen Zehnjährigen an, nebst Fussballspielen, Langlaufen und Skifahren in seiner Freizeit Abfall einzusammeln? «Mir tut die Natur leid! Gelangen Plastik, Getränkedosen oder sonstiger Unrat ins Futter, können Tiere unter Umständen qualvoll daran sterben oder müssen notgeschlachtet werden. Das ist sehr traurig», findet Simon.
Nach der Schneeschmelze und nach Anlässen liegt besonders viel Abfall auf dem Boden. Dann ist der Kandersteger manchmal sogar samstags und sonntags unterwegs. Seiner Erfahrung nach ist es auch «Uf der Höh» und rund um den Oeschinensee schlimm. «Ich begreife nicht, dass man überhaupt etwas auf den Boden schmeissen kann», enerviert er sich. Beobachtet er Kehrichtsünder, spricht er sie an und bittet sie, das Weggeworfene aufzuheben. Oft erntet er dafür bloss böse Blicke und ebensolche Bemerkungen, was ihm jedoch nichts auszumachen scheint. Im Gegenteil: Simon erzählt, dass er in solchen Fällen den Unrat aufhebe und ihn den Personen zurückgebe mit der Aufforderung, ihn korrekt zu entsorgen. Simons Mutter und die Verantwortlichen der Gemeinde müssen ihn manchmal bremsen, denn Schule und Hausaufgaben dürfen nicht vernachlässigt werden.
Man kennt ihn im Dorf
«Simon kennt Kanderstegs BewohnerInnen und Gewerbetreibende besser als ich. Sein Engagement wird geschätzt, und er wird ab und zu von Wirten zu einem Getränk oder einer Glace eingeladen», hat Yvonne Nussbaum durch die Hintertür vernommen. Und ihr Sohn erzählt: «Es kommt vor, dass mir nette – wirklich nette – Leute Geld geben wollen. Das lehne ich eigentlich immer ab, denn ich tue es für unsere Umwelt und nicht, um mein Taschengeld aufzubessern. Manchmal stecken sie mir den Batzen halt in die Hosentasche.»
In seinem Zimmer hat Simon eine Schachtel voller Kehrichtsäcke vorrätig, die ihm die Gemeinde zur Verfügung stellt. Handschuhe kriegt er häufig geschenkt. Dass der Fünftklässler wegen seines ausgefallenen Hobbys in der Schule schon mal gehänselt wird, macht ihm nichts aus. Woher sein Engagement rührt, erklärt er mit einem Lob an seine Mutter: «Mueti ist für mich ein Vorbild. Sie hat uns erzogen, Sorge zur Natur zu tragen!»