Nach Übernahme durch Sportstars: «Adelbodner» will wachsen

  06.06.2023 Adelboden

Die einzige Mineralwasserquelle im Kanton Bern wechselt einmal mehr den Besitzer: Das lokale Licht- und Wasserwerk hat die Firma an ein Schweizer Unternehmen verkauft, das aus bekannten Sportlern und Wirtschaftsgrössen besteht. Mit welchen Konsequenzen?

HANS RUDOLF SCHNEIDER
Die Meldung sorgte im März für Aufsehen: Chinesische Investoren würden sich für die Mineralwasserquelle Mühlackern in der Gemeinde Turtmann-Oberems VS interessieren. Obwohl das Thema mittlerweile quasi versiegt ist – laut Auskunft des privaten Quellenbesitzers sind die Gespräche abgebrochen worden –, wurde der Öffentlichkeit bewusst, dass sich ausländische Unternehmen nicht nur für Erfindungen und Hightechfirmen interessieren, sondern auch für das kühle Nass – und angeblich auch für das Wasser in Adelboden. Ein konkretes chinesisches Angebot gab es für die Adelbodner Mineralquelle allerdings nicht – und die bisherige Besitzerin, das Licht- und Wasserwerk Adelboden (LWA), hätte einen solchen Verkauf auch nicht in Betracht gezogen. Als potenzielle Investoren seien ausschliesslich Schweizer Firmen in Frage gekommen.

Wenn Schwinger zupacken
Dass das LWA sein Engagement irgendwann beenden würde, war abzusehen. Zu branchenfremd ist der Lebensmittelbereich für das Unternehmen. Die Übernahme erfolgte 2015, um die Quelle wieder in hauptsächlich schweizerischen Besitz zu bringen (siehe Kasten). Damit das auch künftig so bleibt, haben sich nun einige der bekanntesten Sportler der Schweiz zusammengeschlossen und mit Partnern aus der Wirtschaft die Mineralquelle Adelboden vollständig übernommen. Es handelt sich dabei um die Eishockeyspieler Roman Josi und Mark Streit sowie Schwingerkönig Christian Stucki, Tennis-Coach Severin Lüthi und den Nationalmannschaftgoalie Yann Sommer.

Eher Aus- als Abbau im Sinn
«Wir beschäftigen uns seit Ende des letzten Jahres mit diesem Projekt, die Geschichte im Wallis kam erst im Frühjahr 2023 auf», erklärt der für die Kommunikation verantwortliche Christof Marti. «Das Interesse aus Asien war also nicht der Auslöser – vielmehr eine zusätzliche Motivation, sich für die Sache einzusetzen. Wir wollten einem solchen Szenario zuvorkommen und haben uns gesagt: Jetzt erst recht!»

An der extra für diesen Kauf gegründeten Firma AQVA Holding AG sind unter anderem auch Peter Boss (CEO der v. Fischer Investas-Gruppe), Ben Küffer (CEO und Gründer der Uhrenmarke Norqain), Jürg Burri (CEO und Gründer der Rüedu AG) sowie Lionel Hofstetter, ein Markeingexperte aus der Luxusgüterindustrie beteiligt. Die neuen Eigentümer haben sich zusammengeschlossen, um sich für die Schweiz und einheimisches Wasser einzusetzen, wie sie in der entsprechenden Medienmitteilung von letztem Donnerstag schreiben. «Das Thema Wasser ist im Sport enorm wichtig, das verbindet uns», betont Roman Josi. «Der Kanton und die Stadt Bern sind zudem meine Heimat, Adelboden sogar mein Heimatort. Es war mir ein grosses Anliegen, da mitwirken zu können.» Zur Rolle der Sportler im Unternehmen sagt Mark Streit: «Wir machen aktiv mit. Wir sind finanziell beteiligt, engagieren uns als Ambassadoren und wollen unsere Netzwerke einbringen.» Ziel sei es, das existierende Markenportfolio weiter zu stärken, gezielt zu ergänzen und dabei auf Nachhaltigkeit und Kontinuität bei den heutigen Mitarbeitenden zu setzen.

Gesamtpaket gefunden
Das Licht- und Wasserwerk Adelboden will sich in Zukunft auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Für die Mineralquelle habe man Schweizer Investoren mit Bezug zur Region und der nötigen Strahlkraft für den nächsten Wachstumsschritt gesucht und diese in der AQVA Holding AG gefunden. Die Suche erfolgte aktiv. Der bisherige Verwaltungsratspräsident der Mineralquellen Adelboden AG, Peter Stähli, ist erfreut: «Wir haben die Firma in den letzten Jahren erfolgreich auf den neusten Stand gebracht. Wir sind begeistert, dass wir die gewünschte Nachfolgelösung mit den nötigen Kompetenzen und einer enormen Strahlkraft haben.» Stähli, der weiterhin im Verwaltungsrat tätig sein wird, war von der Vision der neuen Besitzerin überzeugt und fügt an: «Ziel des LWA war es, den Betrieb an Schweizer Investoren zu übergeben, die die Fähigkeiten und das Potenzial haben, die Marktanteile massgebend zu erhöhen.» Neue Produkte sollen bereits in Kürze vorgestellt werden.

Vorwärtsstrategie in der Schweiz
Die AQVA Holding hat sich zum Ziel gesetzt, eine starke Präsenz in der Getränkeindustrie aufzubauen und in der Schweiz einheimisches Wasser zu fördern. Lionel Hofstetter, Mitglied des Verwaltungsrats der AQVA Holding AG, sagt dazu: «Wir haben in Adelboden eine ausgezeichnete Ausgangslage vorgefunden, mit kompetenten Mitarbeitenden und einem neuen Firmengebäude mit neuer Produktionsanlage. Jetzt geht es darum, das Markenportfolio weiter zu stärken und gezielt zu ergänzen.» In einem ersten Schritt wolle man sich auf den Schweizer Markt fokussieren. Die Übernahme weiterer Schweizer Quellen oder eine Expansion auf den ausländischen Absatzmarkt stehe derzeit nicht zur Diskussion.

«Wir in der Schweiz haben das Glück, Wasser von sehr hoher Qualität zu haben», sagt Marketingexperte Hofstetter. «Dennoch stammt fast die Hälfte des in der Schweiz konsumierten Wassers aus dem Ausland. Da gibt es für mich noch Raum für Verbesserung – vor allem mit Blick auf die der Nachhaltigkeit.» Bereits jetzt sei die Adelbodner Firma diesbezüglich gut aufgestellt: Man setze auf 100 Prozent erneuerbare Energie, habe bereits im Jahr 2021 auf 100 Prozent recyceltes PET umgestellt und engagiere sich seit mehreren Jahren aktiv für die Aufforstung von Schweizer Wäldern.


Die Geschichte

Seit 1559 ist die Quelle bekannt, 1617 wurde die Heilwirkung erstmals beschrieben. 1948 wurde die Adelboden Mineral- und Heilquellen AG gegründet. 1986 kaufte die niederländische Bols Wessanen-Gruppe das Unternehmen. Zwischen 1995 und 2010 gehörte die Firma zur deutschen Rhön-Sprudel-Gruppe und wurde 2010 an die Schweizer Top Mountain Holding AG verkauft. Seit 2015 hat das Lichtund Wasserwerk Adelboden (LWA) die Mehrheit in seinem Besitz.
Verschiedentlich wurden grosse Investitionen in die Produktionsanlagen getätigt. Aktuell sind zwei Abfüllanlagen mit einer Kapazität von stündlich 12 000 Glasflaschen und 18 000 PET-Flaschen installiert. Eine komplett neue Lager- und Verladehalle inklusive neuer Büroräume wurden kürzlich realisiert. Das Unternehmen beschäftigt rund 45 Angestellte.

HSF


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