Mehr Leben auf dem Berg und im Dorf

  03.04.2024 Adelboden

Das Wintersaisonende soll kultureller werden. Eine Initiantengruppe plant 2025 zum Ausklang der kalten Jahreszeit ein zweitägiges musikalisches und kulinarisches Happening im Dorf und auf den Pisten.

RETO KOLLER
Wo sich in der Vergangenheit die Skicracks des Weltcups feiern liessen, sollen künftig hochkarätige Bands Tausende Fans anlocken, die sich vorher im Skigebiet und entlang der Dorfstrasse vergnügt haben.

«Wir wollen frühzeitig, transparent und öffentlich kommunizieren»: Mit diesem Satz begrüsste der Adelbodner Hotelier und Tourismuspräsident Ralph-Marc Diebold die Neugierigen am Dienstag, 26. März, im Besprechungssaal der Licht- und Wasserwerk AG. Nebst Diebold und dem Adelbodner Unternehmer Stephan Oester gehören zwei Stammgäste dem Verwaltungsrat der kürzlich gegründeten Firma «Adelboden Live AG» an (siehe Kasten). Sie bestritten gemeinsam den Informationsanlass.

Den in Adelboden gut vernetzten Solothurner Daniel Fluri, den Zuger Immobilienunternehmer Guido Lenherr und den in der IT-Branche tätigen Bieler Reto Bertschi verbindet die Liebe zu ihrem Ferienort. Die Idee, wieder mehr Livemusik nach Adelboden zu bringen, heckten Lenherr und Oester aus. Letzterer holte die restlichen drei an Bord, und so entstand der Gedanke eines zweitägigen «Season End Highlight». Bertschi veranstaltete viele Jahre das Festival Stars of Sounds in Aarberg und Murten. Lenherr hat gute Verbindungen in die Ostschweizer Finanzwelt.

Nach Zermatter Vorbild
Die Startnummernverlosung am Weltcup füllte den Märitplatz einst fast bis auf den letzten Platz. Entlang der Dorfstrasse reihten sich Verpflegungsstände, Bars und Festzelte. An denselben Standorten soll am 14. und 15. März 2025 das zweitägige Ausklangfest erstmals stattfinden. Auf dem Märitplatz werden zwischen 19 und 22 Uhr an beiden Tagen zwei populäre Bands für Stimmung sorgen. «Es werden bekannte Namen aus der nationalen und internationalen Rock- und Popszene sein», verspricht Bertschi. Er ist für das Booking zuständig.

Der Plan sieht so aus: Zuerst spielen mehrere Bands im Skigebiet an Orten, die auch für Fussgänger leicht zugänglich sind. Ab 16 Uhr nachmittags belebt sich die Dorfstrasse. Foodstände und eine weitere Bühne auf dem Dorfplatz sorgen für Speis, Trank und Unterhaltung. Nach dem Hauptact auf dem Märitplatz wählen die Festfreudigen aus, wie der angebrochene Abend weitergehen soll. Der eine entscheidet sich für einen Singer-Songwriter, die andere schwingt das Tanzbein zu Schlagersound, der Dritte hört sich in einer Bar gepflegte Jazzklänge an, während das jüngere Publikum in die Disco mit Elektrosound strebt.

So zumindest stellt sich das Organisationsteam den Verlauf der beiden Tage vor, die sich Jahr für Jahr wiederholen und stetig mehr Publikum nach Adelboden locken sollen. «Zermatt macht es seit Jahren vor», meinte Bertschi, ohne gleich in dieselbe Liga wie die Oberwalliser aufsteigen zu wollen. Er glaubt jedoch fest daran, mit einem attraktiven Programm und stimmigen Angeboten mehrere Tausend Fans mit oder ohne Ski anlocken zu können.

Moderate Eintritte dank hohem Sponsoring
Bertschi und seine Mitstreiter wollen ein Fest für alle Portemonnaies. «Grosse Acts in den Städten sind heute asozial teuer. Das wollen wir vermeiden», kündigt der Bieler an. Sponsoringverträge sollen die Preise erschwinglich machen. Das weitverzweigte Beziehungsnetz Lenherrs und Bertschis soll dabei genutzt werden. «Wir haben keine persönlichen finanziellen Interessen und bringen unsere Arbeitskraft ehrenamtlich ein. Die Passion ist unsere Triebfeder», gab Lenherr kund. Die Höhe des Budgets liess er sich nicht entlocken, wohl aber, dass bereits ein Hauptsponsor mündlich seine Zusage erteilt habe.

Ein ganze Menge Arbeit
In den kommenden Wochen wird ein noch zu bildendes Organisationskomitee die Arbeit aufnehmen und sich um Infrastrukturen, Abläufe, behördliche Bewilligungen, Event-Organisation und vieles mehr kümmern. Die Initianten hoffen auf den Willen aller Beteiligten, gemeinsam einen solchen Grossevent auf die Beine zu stellen. «Wir wünschen uns, dass alle Beteiligten für Adelboden denken und für einmal persönliche Interessen hinten anstellen», so Bertschi. Man will so eng wie möglich mit den lokalen und regionalen Partnern und Vereinen zusammenarbeiten. Man habe sich auch schon Gedanken über den Vertrieb der Tickets gemacht. Es brauche Packages, welche Unterkunft, Skipass und Eintritte zu den Events bündeln.

Während der abschliessenden Fragerunde wurde das Datum infrage gestellt. Es sei zu früh angesetzt und liege noch in den Schulferien wichtiger Gästegruppen. Lenherr gab zu verstehen, wie wichtig der Erfolg der Erstausgabe sei: «Der Startschuss muss gelingen. Dazu brauchen wir auch die bereits in Adelboden anwesenden Feriengäste. Wenn der Einstieg ein Erfolg wird und wir diesen Event etabliert haben, soll er jeweils am letzten Wochenende der Wintersaison stattfinden», stellte er in Aussicht.

Lenherr schloss den Anlass passend ab: «Weil ich mich dem Ort verbunden fühle, ist es mir wichtig, die Einheimischen im Boot zu haben. Gemeinsam wollen wir einen neuen Stern am Adelbodner Winterhimmel leuchten lassen, der die Menschen zu uns führt.»


KOMMENTAR

Ohne Einheimische geht es nicht

Es ist mutig, das Quintett, das sich den Season-End-Event vorgenommen hat. Und ermutigend ist es, dass sich drei Stammgäste ohne gewinnorientierte Absichten für «ihren» Ort ins Zeug legen. Zermatt und die Jungfraubahnen haben bewiesen, dass eine Nachfrage nach Partys besteht, die die Skisaison abschliessen. Die Adelbodner Ausgabe soll allerdings vorerst bereits Mitte März über die Bühne gehen, wenn die Skisaison noch keineswegs zu Ende ist: ein Schönheitsfehler in der Namensgebung. Die Veranstalter beteuerten immerhin, dass sie den Anlass später nach hinten verschieben möchten.
Im Dorf ist viel Know-how vorhanden: Die Weltcup-Organisation weiss, wie man Grossveranstaltungen organisiert. Der Verein Kander Kultur hat ein eindrückliches Reservoir an versierten Helferinnen und Helfern, sein Präsident ist ein langjähriger Kenner der Kulturszene. In der IG Dorf sind fast alle Geschäfte und Restaurants entlang der Dorfstrasse vertreten, ihr Präsident war für die letzten Austragungen des Vogellisi-Festivals mitverantwortlich.
Die Initianten um Guido Lenherr werden sich diese gebündelte Expertise hoffentlich nicht entgehen lassen und das OK entsprechend besetzen. Mancher Stolperstein liesse sich leichter wegräumen, und die Verankerung der Organisation im Ort wäre besser. Denn auch im Lohnerdorf sind Neid, Missgunst und der Blick auf die eigene Nasenspitze gleich alt wie der Südwestwind über Weihnachten.

RETO KOLLER

RETKOL@BLUEWIN.CH


Die AG hinter dem Projekt

Bereits im vergangenen Herbst wurde die Adelboden Live AG gegründet. Die Firma weist ein Aktienkapital von 190 000 Franken auf, an dem auch der Verein Adelboden Tourismus beteiligt ist. Der Verwaltungsrat setzt sich wie folgt zusammen:
• Guido Lenherr (Präsident): Verantwortung Marketing
• Reto Bertschi (Kassier): Verantwortung Show / Event
• Ralph-Marc Diebold (Sekretär): Verantwortung Gastronomie
• Stephan Oester: Verantwortung Infrastruktur, Verkehr Ein weiterer wichtiger Aktionär ist Daniel Fluri, Präsident der Verwaltungsräte der Engstligen- und der Tschentenbahnen.

RETO KOLLER


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