Gute Stimmung und (sehr) gute Noten
20.06.2023 KulturGute Stimmung und (sehr) gute Noten
ZUG Über 10 000 Aktive nahmen am 31. Eidgenössischen Jodlerfest teil. Gemäss einer Mitteilung des OKs übertraf der Event alle Erwartungen. Nach ersten Schätzungen weilten rund 210 000 Personen in der Stadt. Aus dem Frutigland waren nur wenige Formationen in die Zentralschweiz gereist. Sie alle sind mit ihrer Klassierung zufrieden.
KATHARINA WITTWER
Der Jodlerklub Adelboden gab am Samstagnachmittag vor der dreiköpfigen Jury den «Furggi-Jutz» von Christian Gempeler zum Besten und erhielt für diesen Vortrag eine 2 (gut). «Natürlich hätten wir gerne eine 1 (sehr gut) mit nach Hause genommen, sind aber trotzdem zufrieden», informierte Roger Schranz am Telefon. Der Vereinspräsident weiss aus Erfahrung, dass ein eidgenössisches Fest immer sehr viele Leute – Aktive und Zuschauer – anzieht. Das trug seiner Meinung nach zu einer entspannten Stimmung bei.
Ein «sehr gut» erhielt Klaus Rubin mit dem selbst komponierten Naturjodel «Älplergruess», den er zusammen mit den Zwillingsschwestern Barbara Klossner-Brönnimann und Marianne Wyss-Brönnimann vorgetragen hatte. Zum Geniessen des Grossanlasses blieb dem Terzett kaum Zeit. Marianne Wyss war mit ihrem drei Wochen alten Söhnchen nur für den Auftritt vor Ort und Rubin war an beiden Tagen als Juror tätig.
Die Fahnenschwinger Raphael Schmid aus Frutigen und Hermann Reichen aus Achseten stiegen am Samstagmorgen in den ersten Zug und kehrten in der Nacht mit dem letzten zurück. Ihr intensives Üben hatte sich gelohnt und sie sind zufrieden. Schmid wurde im Einzelvortrag und im Duett mit Reichen mit einer 1 (sehr gut) klassiert. Reichen erhielt für seinen Einzelauftritt «bloss» eine 2 (gut). «Ich weiss, was ich zu wenig gut gemacht habe», kommentierte er seine Klassierung. Die «Bergler» waren vor allem von der Stimmung am Abend am See angetan.
Lange Tage für Juroren
Nicht zum ersten Mal amtete der Frutiger Martin Schneider als Alphorn-Juror. Er war am Freitag und Samstag jeweils in einem Dreierteam während mehrerer Blöcke im Einsatz. «Diese Arbeit erfordert Konzentration. Abwechslungsweise mit einem zweiten Team bewertet man während eines Aufführungsblockes die Darbietungen. Der Zeitdruck ist gross, denn sobald man wieder an der Reihe ist, muss man sich geeinigt haben. Am Sonntagmorgen um 2 Uhr waren all unsere Berichte ‹im Kasten›. Wir hätten zwar noch eine Woche Zeit gehabt, doch ich muss die Bewertung zu Papier bringen, solange ich die Melodien noch im Kopf habe», so Schneider.
Georg Birchers Einsatzort als Jodel-Juror war am Samstag während dreier Konzertblöcke die Empore in der Kirche Oberwil bei Zug. «War das eine Hitze dort oben! In den Pausen hätte ich mich am liebsten im See abgekühlt, doch als Jodler hat man die Badehose halt nicht dabei.» Seine Einsätze – ebenfalls in einem Dreierteam – dauerten je 90 Minuten, wobei die Darbietungen im 10-Minuten-Takt erfolgten. «Wir wurden vorher instruiert, unsere Notizen gut leserlich aufzuschreiben, denn diese werden den Formationen innerhalb weniger Tage zugestellt.» Es versteht sich von selbst, dass seine Schreibarbeit nach den Vorträgen noch nicht erledigt war. Da er am Freitag frei hatte, genoss er die Stimmung auf dem Festgelände und besuchte Vorträge.
Nach 34 Jahren und ungezählten Jury-Einsätzen an eidgenössischen und kantonalen Jodlerfesten bewertete der Reichenbacher Klaus Rubin zum letzten Mal. Auch er sass am Samstag bis gegen Mitternacht im Büro. Die Hitze, der Druck, auf einer Bühne vorzutragen, die Müdigkeit und natürlich die Emotionen – all das verdaut man nicht so leicht. «Aber ich habe es geschafft!» Begeistert war Rubin auch vom Festakt – einem Musical / Singspiel mit mehreren 100 aktiven TeilnehmerInnen – und von der guten Organisation
«Wir waren die Einzigen, die ihre Tiere vor ein Wägeli spannten»
AESCHIRIED / ZUG Der Schweizerische Klub für Entlebucher Sennenhunde (SKES) gestaltete ein Sujet am Umzug des Eidgenössischen Jodlerfestes. Dort mitmarschiert sind auch Doris und Willi Ehrsam aus Aeschiried mit Saholy und Timbo.
KATHARINA WITTWER
Müde und mit vielen schönen Erinnerungen sind Doris und Willi Ehrsam am frühen Sonntagabend mit ihren beiden reinrassigen Entlebucher Sennenhunden Timbo und Saholy (sprich: Schaholi) aus Zug zurückkehrt. Für das Quartett war es ein langer und vor allem heisser Tag gewesen, denn es war bereits um 4.30 Uhr losgefahren. Am Sonntagnachmittag hatten die vier mit insgesamt 16 Hunden des Schweizerischen Klubs für Entlebucher Sennenhunde (SKES) und deren BesitzerInnen am Umzug teilgenommen. «Wir waren die Einzigen, die ihre Tiere vor ein Wägeli spannten und fielen natürlich auf», erzählen Ehrsams stolz.
Dem Publikum vor den Fernsehbildschirmen konnte diese Besonderheit allerdings nicht auffallen. Die Direktübertragung im SRF wurde um 15 Uhr fünf Minuten lang für eine Schalte ins Abstimmungsstudio unterbrochen. «Eines der sechs Sujets, die deswegen nicht zu sehen waren, war das Unsere. Wer sich den Festumzug anschauen will, interessiert sich in diesem Moment nicht für Abstimmungsresultate. Um ständig auf dem Laufenden zu sein, gibt es heutzutage andere Möglichkeiten», enervierte sich Gina Graber, Website-Verantwortliche des SKES.
Die Vierbeiner mögen Gesellschaft
Hunde hielten Doris und Willi Ehrsam schon immer – früher sogar Bernhardiner. «Je älter man wird, desto kleinere Hunde bevorzugt man», meint das Rentnerpaar. Vor etwa 15 Jahren schafften sie sich Rosa an, ihre erste Sennenhündin. Damit sie nicht plötzlich ohne treuen Vierbeiner dastehen, wenn Rosas Leben zu Ende geht, holten sie die junge Saholy aus der Zucht «Halla von der Haslere» von Brigitte Berger in Aeschi dazu. «Nach Rosas Tod vermisste Saholy ihre Spielgefährtin. Aufgefallen ist uns dies, weil sie oft vor der Backofentüre sass und mit der Pfote ihr Spiegelbild berührte. Sie tat uns leid, und so besorgten wir bei der gleichen Züchterin unseren Timbo. Die beiden verstanden sich von Anfang an bestens.»
Sennenhunde wollen beschäftigt sein, das liegt ihnen im Blut. Noch vor 50 Jahren sah man ab und zu eingespannte Sennenhunde, die Milch von Bauernhöfen in die Käserei zogen. «Warum wollen wir sie nicht einspannen?», fragten sich deshalb Doris und Willy Ehrsam. Gesagt, getan.
Zuggeschirr und Wägeli sind Massanfertigungen
Das lederne Zuggeschirr wurde von einem Sattler an die Grösse von Timbo und Saholy angepasst. Die beiden Wägeli – eines als Einer-, das andere als Doppelgespann – sind Handwerksarbeit erster Güte.
Verstehen sich zwei Hunde nicht, ist ein Zweiergespann unmöglich. Wichtig ist das gegenseitige Vertrauen – auch zwischen Menschen und Tieren. «Viele Hundehalter wollen nicht begreifen, dass sie ihre Vierbeiner in der Nähe des Gespannes anleinen müssen, worauf ich sie immer sofort hinweise. Unsere können sich ja nicht wehren oder wegrennen», so Doris Ehrsam.
«Wir trainieren fast täglich. Sobald ich das Zuggeschirr aus dem Gartenhäuschen hole, wedeln und bellen die Tiere vor freudiger Erregung. Oft fahren wir mit ihnen ins Suldtal, gönnen uns dort eine ausgiebige Pause und fahren anschliessend zurück», erzählt das Aeschirieder Paar begeistert.
Damit sich Timbo und Saholy ans Publikum gewöhnen konnten, mischte sich das Quartett im Frühling unter die Besucher des Entlebucher Kräuter- und Wildpflanzenmarkts in Escholzmatt. «Damit berührten wir viele Herzen. Ältere Personen zeigten uns auf ihren Handys Fotos von früher, als sie selbst mit einem solchen Gespann in die ‹Chäsi› gingen.» Weil die Vierbeiner ihren Auftritt in der Menge problemlos gemeistert hatten, sagten Ehrsams mit gutem Gewissen für Zug zu. Noch ist offen, ob sie mit ihrem Gespann dieses Jahr an weiteren Anlässen teilnehmen werden.