Marcel Jungen begleitete kürzlich seinen Freund im Rollstuhl auf einer Reise durch die USA. Auch sonst engagiert sich der Frutiger für Menschen mit einer Behinderung. GALERIE

KATHARINA WITTWER
«Selten erlebe ich so viel Dankbarkeit und Wertschätzung, wie wenn ich mit Menschen mit einer Beeinträchtigung unterwegs bin», beschreibt Marcel Jungen sein Engagement. «Sei dies auf der Skipiste oder auf Reisen, es ist ein unbeschreiblich erfüllendes Gefühl – ein Gefühl von Sinnhaftigkeit und Demut.» Der Frutiger liess sich zunächst zum Automobilfachmann ausbilden. Als er im Alter von 20 Jahren Hilfsleiter in einem «herkömmlichen» Skilager war, beeindruckte ihn eine Gruppe von Personen, die mit Mono- und Dualskiern die Pisten hinuntersausten. «Ich suchte den Kontakt zu ihnen, worauf mich der Leiter spontan für die Mithilfe bei seinem nächsten Lager engagierte. Ebenso spontan sagte ich zu.»

Wie ein Sprung ins kalte Wasser
Zu diesem Zeitpunkt fehlte dem Frutiger jegliche Erfahrung mit diesen besonderen Schneesportgeräten. Auch hatte er bis dahin Menschen mit einer Beeinträchtigung weder betreut noch gepflegt. Rückblickend staunt er über sich selbst, denn «ich hatte keine Berührungsängste. Es fühlte sich vom ersten Tag so an, als ob ich das schon immer getan hätte.» Bei dieser Gelegenheit entstand eine besondere Freundschaft mit Gian Cadosch, einem Lagerteilnehmer.
Nach einigen Wintern als Helfer bei solchen Schneesportlagern absolvierte Jungen mehrere von PluSport angebotene Aus- und Weiterbildungen. Inzwischen ist er Mitglied im Ausbildungsteam für Dualski und Hauptleiter für Wintersportcamps. Als Einmannbetrieb führt der 28-Jährige Mono- und Dual-Skilager durch und bietet in diesem Bereich Privatstunden sowie tage- und wochenweise Skikurse an. In den schneefreien Monaten arbeitet er im Unterland als Kranmonteur.

Jede Menge Träume und Wünsche
Der in Burgdorf wohnhafte Frutiger unternimmt in seiner Freizeit viel mit Gian Cadosch und seiner Familie, beispielsweise Ausflüge in den Europapark in Rust. Sein Handicap hat Gian seit seiner Geburt. Er kann zwar gehen, aber nur langsam und auf flachem Boden. «Mein Freund ist sehr unternehmungslustig und hat jede Menge Träume und Wünsche», erzählt Jungen. Letztes Jahr fragte ihn Gians Familie, ob er bereit wäre, dessen grössten Wunsch zu erfüllen: ihn auf einer Reise durch den Westen der USA zu begleiten.

Nach reiflicher Überlegung und verschiedenen Abklärungen stiegen die zwei Freunde am 13. Mai 2023 in Zürich ins Flugzeug nach San Francisco. Im Gepäck hatten sie Gians Rollstuhl und das batteriebetriebene Zugfahrzeug. «Gebucht hatten wir bloss einen Mietwagen, Hotels in San Francisco und Las Vegas, den Inlandflug nach New York und dort eine Unterkunft. Alle anderen Übernachtungen reservierten wir entweder kurzfristig oder gar nicht. Wir fanden immer etwas, denn im Mai ist Nebensaison.»

Grosse Behindertenfreundlichkeit
«Punkto Behindertenfreundlichkeit können wir in der Schweiz im Vergleich zu den USA noch viel lernen», ist Jungen überzeugt. Überall hätten die zwei grosse Hilfsbereitschaft erfahren. «Weil der Antelope Canyon (Anm. d. Red.: eine Schlucht in Arizona) nicht rollstuhlgängig ist, stellten uns die Angestellten eine Route zusammen, die wir zu Fuss erkunden konnten – wenn auch unter grosser Anstrengung. Zudem verfügen alle U-Bahn-Stationen in New York über einen Lift.» Marcel Jungen legt grossen Wert darauf, dass sein zwei Jahre jüngerer Begleiter nicht ständig im Rollstuhl sitzt, denn Stehen und Gehen regen Muskulatur und Kreislauf an. Der Blickwinkel auf die Umwelt ist zudem anders und nicht zuletzt wird eine aufrecht stehende Person vom Gegenüber meist mehr wahrgenommen. Noch haben die beiden keine weiteren grösseren Pläne – sie zehren noch vom Erlebten ennet dem grossen Teich und schwelgen in Erinnerungen: «Diese Reise war bombastisch!»

Mehr über PluSport und Marcel Jungens Einmannbetrieb erfahren Sie unter www.frutiglaender.ch im Bereich Web-Links.

«Diese Reise war bombastisch»

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