Seit Anfang Jahr ist Tim Hänni Pfarrer in Adelboden. Dem Nachfolger von Roland Trachsel ist es wichtig, die biblischen Geschichten greifbar zu machen und insbesondere den Jungen eine Botschaft der Hoffnung zu senden.

MONIKA INGOLD
Seit Anfang Jahr ist Tim Hänni Pfarrer in Adelboden, zusammen mit Madeleine Koch betreut er die Kirchgemeinde. Es ist seine erste Pfarrstelle. «Ich bin froh, sie mit einer erfahrenen Kollegin teilen zu können», sagt der Jungpfarrer. Tim Hänni ist an der Lenk aufgewachsen, der Glaube war stets Teil seines Lebens. Nach der Konfirmation in der evangelisch-reformierten Kirche besuchte er weiterhin regelmässig Gottesdienste. Er tat das aus Interesse und Überzeugung. In christlichen Jugendgruppen fühlte er sich wohl.

Nach der Matura absolvierte er zuerst die Rekrutenschule, dann nahm er sich Zeit für Reisen ins Ausland und arbeitete anschliessend bei seinem Onkel, der ein Unternehmen für Online-Marketing führt. Seinem Entschluss, den er schon mit 15 Jahren gefasst hatte, blieb er treu: Er trat ein Theologiestudium an. Die Ausbildung erwies sich als sehr informativ, aber auch als theoretisch. Daneben arbeitete er weiterhin bei seinem Onkel und ist heute froh, dass er mit der Arbeitswelt verbunden blieb.

Nach erfolgreichem Abschluss trat Hänni ein Vikariat in der Berner Vorortsgemeinde Vechigen an. In allen pfarramtlichen Tätigkeiten fühlte er sich wohl und spürte, dass seine Berufswahl die richtige gewesen war. Sein Ausbildungspfarrer Christoph Vischer motivierte ihn und war ihm gleichzeitig ein guter Mentor.

Zuhören statt reden
Tim Hänni erzählt von der Rolle des Pfarrers in früheren Zeiten. Die Gemeindeglieder entlöhnten den Pfarrer, damit sich dieser Zeit für die Menschen nehmen konnte. Er hatte ein offenes Ohr für Gott, die Menschen und ihre Sorgen. Paradoxerweise seien manche Pfarrpersonen heute eher fürs Reden und nicht fürs Zuhören bekannt und seien ständig beschäftigt. Tim Hänni meint: «Natürlich hat man als Pfarrer viel zu tun, aber ich möchte versuchen, mich immer wieder unterbrechen zu lassen und mir Zeit zu nehmen für die Menschen, die mir begegnen.»

Mit Madeleine Koch hält er am Sonntag abwechselnd den Gottesdienst. «Ich predige und verkünde das Wort Gottes sehr gerne. Der Schweizer Theologe Karl Barth hat einmal gesagt: ‹Nicht wir legen die Bibel aus, sondern die Bibel legt uns aus.› Ich will die Gemeinde auf eine Entdeckungsreise in die Bibel mitnehmen und tiefer in die lebensverändernden Geschichten des Alten und des Neuen Testaments eintauchen. Zu meiner Freude sind unsere Sonntagsgottesdienste gut besucht», sagt Tim Hänni, «wobei Gottesdienst nicht nur am Sonntag zwischen 10 und 11 Uhr in der Kirche stattfindet, sondern unser ganzes Leben durchziehen soll.» Bei seinen Besuchen der Gemeindeglieder findet er offene Türen. Die ältere Generation begrüsst ihn manchmal als «hohen Besuch». Seine Lebenserfahrung stehe oftmals nicht im Zentrum. Vielmehr erzählten die Menschen von früher und schätzten sein Zuhören.

Tim Hänni kommt nicht als Reformer nach Adelboden. «Der christliche Glaube ist keine Handelsware», meint er und fährt weiter, «Bewährtes soll Bestand haben. Änderungen ergeben sich mit der Zeit.»

Es gibt Wichtigeres als klare Antworten
Im kirchlichen Unterricht führt er Gespräche mit den Jugendlichen. Er will wissen, was sie beschäftigt und auch kritische Fragen haben Platz. «Im Glauben finden wir aber nicht unbedingt Antworten auf all unsere Fragen», sagt er, «das würde uns auch gar nicht so viel bringen. Vielmehr finden wir im Glauben das, was wir wirklich brauchen: Vergebung, Trost und Hoffnung durch Gottes Gegenwart.» Ihm ist es ein Anliegen, den Jungen aufzuzeigen, dass es sich lohnt, mit Jesus Christus durchs Leben zu gehen.

Wortgewandt und humorvoll

Am Sonntag lud die evangelisch-reformierte meinde zum Festgottesdienst und zur feierlichen Amtseinsetzung von Tim Hänni ein.

Nach den Orgelklängen von Johannes Jaggi eröffnete der Kirchgemeindepräsident Toni Hari die Feier. Madeleine Koch, die Pfarrkollegin von Tim Hänni, sprach das Eingangsgebet vor voll besetzter Kirche. Die Installationspredigt hielt Pfarrer Christoph Vischer aus Vechigen. Pfarrer Vischer erinnerte den Kirchgemeinderat an seine Pflicht, den jungen Pfarrer zu unterstützen, und unterstrich ihre gemeinsame Arbeit. Schliesslich las Tim ausgerechnet nach Adelboden gekommen sei.

Nach dem feierlichen Gottesdienst trafen sich die Anwesenden im Kirchgemeindehaus zu einem einfachen Mittagessen. Hier wurde der neue Pfarrer von Gemeinderat Willy Schranz willkommen geheissen. Martin Graf, der Präsident der Bezirkssynode Frutigen / Niedersimmental, und die Gesandten der benachbarten Kirchgemeinden überbrachten ebenfalls Grussworte und Geschenke.
Für Abwechslung sorgte Vater John Hänni: Er überraschte die Anwesenden mit einer Eigenkomposition. Sich selber am Flügel begleitend trug er das Lied vor. Die in der Allianz Adelboden zusammengeschlossenen Freikirchen hiessen den neuen Pfarrer ebenfalls willkommen.

MONIKA INGOLD

«Der christliche Glaube ist keine Handelsware»

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