SCHLUSSPUNKT
28.03.2025 KolumneLESEN SIE ZEITUNG!
Als ich dieser Tage mein «dienstliches» Fotoarchiv durchforstete, fiel mir auf, wie sehr unsere Erinnerung doch von Bildern lebt. Viele Artikel, die ich geschrieben hatte, waren mir entfallen. Doch als ich nun die Fotos sah, waren auch die Texte sofort wieder da.
Ich fand verfallene Schanzen in Kandersteg (die längst erneuert sind). Ich stiess auf ein verschneites Wäldchen am Blausee, in dem ich ich seinerzeit nach Bauprofilen suchte (die, wie sich herausstellten, nie aufgestellt worden waren). Ich entdeckte mich selbst, mit einem Golfschläger in der Hand auf der sonnigen Engstligenalp. Ich stolperte über Hochwasser, brennende Häuser und ein abgestürztes Flugzeug in Reichenbach. Der Steinbruch in Mitholz kam ebenso vor wie der Gipssteinbruch in Krattigen (wo ich höchst illegal fotografiert hatte, denn ab und zu wird dort auch gesprengt).
Mir begegnete eine madonnenhafte junge Frau mit einem Neugeborenen im Arm. Sie war als Schwangere aus Afrika geflüchtet; nun lebte sie mit ihrem Kind in Aeschiried. Überlegen musste ich bei Bildern aus der Frutiger Widihalle. Eine GV war es offenbar nicht und auch kein Musiktag – sondern eine der ergreifendsten Trauerfeiern, die ich je miterlebt habe. Immer wieder kam die Natur vor, oft betörend schön wie etwa im Kiental (auch wenn der Anlass der Fotos vielleicht nicht so schön war). Und natürlich Interviewpartner aller Couleur, manche besser, manche schlechter gealtert. Zu all diesen Orten und Begegnungen fielen mir die Geschichten wieder ein.
Ich bin dankbar, dass ich sie erleben und niederschreiben durfte. Die meisten Artikel sind mir leicht gefallen, oft haben sie mir Spass gemacht (meinen Gesprächspartnern vielleicht weniger, aber das ist ein anderes Thema). Vor allem aber habe ich bei alldem unglaublich viel gelernt – und allein das ist mit Geld nicht aufzuwiegen.
Nach 15 Jahren endet heute meine Zeit beim «Frutigländer»; dies ist also wortwörtlich mein Schlusspunkt. Und auf die Gefahr hin, dass ein künftiger Arbeitgeber dies liest, behaupte ich: Einen so vielfältigen und interessanten Beruf wie bisher werde ich wohl nie mehr ausüben.
Leben Sie wohl, machen Sie's gut, und vor allem: Lesen Sie Zeitung!
Mark Pollmeier