Die Schweiz braucht Leadership und Fortschritt statt Symbolpolitik

Auch in weltpolitisch stürmischen Zeiten arbeiten wir im Parlament stoisch an unseren Vorlagen und wählen einen neuen Bundesrat – gut so. Trotzdem fehlt es im Bundeshaus an Leadership: Der Bundesrat eiert orientierungslos umher, statt mutig Haltung zu zeigen. Mehr dazu am Schluss, zuerst zu zwei Initiativen.

Bargeldinitiative: eine unnötige und rückwärtsgewandte Idee
Die Bargeldinitiative will das Bargeld in die Verfassung schreiben. Das ist unnötig und schürt nur Ängste, ohne ein tatsächliches Problem zu lösen. Das Bargeld ist in der Schweiz nicht bedroht und im Gesetz ausreichend geschützt. Es gibt keine seriösen Bestrebungen, das Bargeld abzuschaffen. Deshalb lehne ich diese Initiative ab. Genauso hilflos ist der Gegenvorschlag des Bundesrats, der in die gleiche Richtung geht und unnötige Regelungen in die Verfassung schreiben will. Wir sollten unsere Verfassung nicht mit überflüssigen Bestimmungen überladen, sondern flexibel auf technologische Entwicklungen reagieren können. Digitale Bezahlmethoden sind kein Feind der Freiheit, wie die Initianten meinen – im Gegenteil, sie schaffen neue, zweckdienliche Möglichkeiten, die viele von uns täglich nutzen. So ist es doch praktisch, mit Freunden oder innerhalb der Familie mit Twint abzurechnen oder am Kiosk oder auf dem Bauernhof so zu bezahlen. Bargeld und digitale Bezahlung werden auch ohne Initiative weiterhin Seite an Seite möglich bleiben. Der Nationalrat lehnt die Initiative ab und stimmt dem Gegenvorschlag zu. Ich lehne beides ab – weil unnötig.

Extreme JUSO-Initiative gefährdet Familienbetriebe
Die von den Jungsozialisten geforderte 50-Prozent-Erbschaftssteuer ab 50 Millionen zur Klimaschutzfinanzierung ist nicht nur schlecht durchdacht, sondern auch gefährlich für unsere Wirtschaft. Besonders Familienbetriebe, die oft über Generationen aufgebaut und weitergegeben werden, würden darunter leiden. Eine neue Steuer würde die Weitergabe erschweren und dazu führen, dass erfolgreiche Unternehmen zerschlagen oder ins Ausland verlagert werden. Studien belegen, dass diese Initiative jährlich über zwei Milliarden Franken an Steuerausfällen verursachen könnte und Investitionen in der Schweiz unattraktiv machen würde. Ein steuerliches JUSO-Eigentor! Schon heute tragen die reichsten 5 Prozent der Steuerpflichtigen fast 90 Prozent der Vermögenssteuern – eine zusätzliche Belastung wäre weder fair noch zielführend. Statt Unternehmertum und Innovation zu bestrafen, sollten wir Anreize für nachhaltiges Wirtschaften setzen. Zudem ist es falsch, Steuerpolitik auf diese Art mit Klimaschutz zu vermischen. Sinnvoller sind Lenkungsabgaben, nicht willkürliche Umverteilungen mit Steuergeldern. Deshalb lehne ich – wie auch die grosse Mehrheit im Nationalrat – diese Initiative ab.

Bundesratswahl – die Schweiz braucht eine mutige Regierung mit Haltung
Mit der Wahl von Martin Pfister in den Bundesrat bekommt das VBS einen neuen Chef. Die Herausforderungen in diesem Departement sind enorm und ich wünsche Martin Pfister viel Kraft für die anstehenden Aufgaben im VBS, aber auch im Gesamtbundesrat. Denn genau da liegt aktuell einiges im Argen. Die passive, orientierungslose Haltung des gesamten Bundesrates angesichts der aktuellen geopolitischen Lage ist unverständlich und der Schweiz nicht würdig. Unser Land kann es sich nicht weiter leisten, abzuwarten und nur zuzuschauen, wie internationale Regeln und Verträge urplötzlich nicht mehr gültig sind. Friedensprozesse und wirtschaftliche Zusammenarbeit müssen nach etablierten, fairen Regeln erfolgen und nicht durch die «Macht des Stärkeren» diktiert werden. Die Stärkung der europäischen Verteidigungsbereitschaft und die Zusammenarbeit mit der Nato sind unerlässlich. Ausgerechnet in Zeiten globaler Unsicherheit fehlt Leadership in der Regierung. Bleibt zu hoffen, dass sich das mit der Wahl Martin Pfisters ändert und der Bundesrat endlich aktiv Verantwortung übernimmt und klar Position bezieht. Unser Land darf sich nicht weiter von Symbolpolitik, unnötigen Regulierungen und ideologischen Grabenkämpfen lähmen lassen. Wir brauchen pragmatische und zukunftstaugliche Lösungen, die wirtschaftliche und ökologische Anliegen miteinander verbinden. Ob beim Zahlungsverkehr, der Steuerpolitik oder bei Bundesratswahlen: Ich setze mich für eine mutige Schweiz mit Haltung ein.

JÜRG GROSSEN, NATIONALRAT GLP

POLITISCHES PARKETT

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