Die Weihnachtssterne

Glauben wir der biblischen Geschichte, so stand vor ungefähr 2024 Jahren ein heller Stern über Bethlehem, der zu einem Stall ein bisschen ausserhalb des Städtchens wies. So hell war der Stern, dass Hirten und Könige ihn als Zeichen verstanden. In heutigen Darstellungen hat er oft einen Schweif, der wie ein Wegweiser am Himmel in Richtung göttliches Kind zeigt. Dieses himmlische Phänomen hat Astronominnen und Astronomen bald dazu inspiriert, den genauen Ursprung des Sterns von Bethlehem zu verstehen. Verschiedene Theorien existieren dazu, was damals genau geschehen ist.
Es könnte sich beim Weihnachtsstern um den Kometen Halley gehandelt haben, der mit blossem Auge zu sehen ist. Periodisch zieht er etwa alle 75 Jahre an der Erde vorbei. Halley käme mit seinem Schweif der biblischen Darstellung recht nahe. Kometen sind aber nicht etwa Feuerbälle, sondern bestehen zu einem Grossteil aus Eis und Kohlenstoffoxiden, oft auch aus Methan und Ammoniak. Nähert sich ein Komet der Sonne, verliert er seinen Staub und seine Gase (das Eis schmilzt und verdampft). Dieses Material ist dann als Schweif sichtbar. Das Problem mit Halley ist, dass er gemäss Berechnungen ein paar Jahre vor der Geburt Jesu zu sehen gewesen wäre, am 11. Oktober im Jahre 12 v. Chr. Das würde die biblische Zeitrechnung durcheinanderbringen.
Also suchten die Himmelsforschenden weiter. Bald war eine zweite, plausible Theorie gefunden. In der Zeit, in der Maria den kleinen Jesus zur Welt brachte, war eine spezielle Konstellation von Planeten zu sehen: Jupiter und Saturn waren sich sehr nahe. Planeten sind meistens viel heller als Sterne am Firmament zu sehen. Stünden nun mehrere Planeten nahe beieinander, könnte das durchaus die Aufmerksamkeit der Menschen erregen – umso mehr, als damals noch nicht bekannt war, was genau Sterne und Planeten sind. Obwohl schon die Griechen erste Planeten kannten, dauerte es bis ins frühe 17. Jahrhundert, bis erstmals ein Planet mit einem Teleskop beobachtet wurde – und zwar vom bekannten Galileo Galilei. Ums Jahr null hatten die Menschen in Palästina also wahrscheinlich kein klares Verständnis von Planeten. Und Sie? Erkennen Sie Planeten am Himmel und können Sie sie von den Sternen unterscheiden?* Schauen wir heute in den klaren, kalten Dezemberhimmel und möchten uns gerne von Lichtphänomenen leiten lassen, so haben wir einiges zu beachten. Würden wir jeder hellen Erscheinung folgen, so würden wir im Zickzack durch die Gegend rennen – so viele menschgemachte Satelliten ziehen heute ihre Bahnen um die Erde. Sie weisen den Weg nicht hin zu einem einzigen heimeligen Stall, sondern fliegen kreuz und quer in alle Himmelsrichtungen. Würden wir eine aussergewöhnliche Sternenkonstellation überhaupt noch bemerken? Sind mehrere Planeten in Konjunktion heutzutage noch das Spektakulärste, was der Himmel zu bieten hat, oder lassen wir uns eher ins Staunen versetzen von Elon Musks himmlischen Lichterketten, wenn wieder eine Ladung Starlink-Satelliten in die Erdumlaufbahn geschossen wird?
Zurück zum kleinen Jesus im Stroh. Vielleicht war der Stern von Bethlehem ein Wunder und ist nicht zu erklären. Oder möglicherweise hat es ihn nie gegeben und er wurde von guten biblischen Storytellern schön erfunden. So oder so: Schauen Sie mal wieder nach oben und geniessen Sie die Lichtershow. Ich wünsche Ihnen himmlische Festtage!

VALERIE KOLLER

VALERIE.KOLLER@BLUEWIN.CH

* Es gibt zwei relativ einfache Merkmale: die Helligkeit – Planeten sind oft sehr hell – und die sogenannte Szintillation. Nur Sterne funkeln, Planeten nicht.

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