MIT DEM GEWEHR IN DIE EHE

Die Welt dreht sich unablässig weiter, und unsere Gesellschaft ist in dauernder Veränderung begriffen. Damit meine ich nicht viel diskutierte Themen wie Klimawandel, Zeiten-, Energie- oder sonstige -wenden. Bleiben wir mal ganz bodenständig: Wer sich binden – also heiraten – will, muss sich schriftlich festlegen, und das mit Zeugen. Das hat auch mit finanziellen Veränderungen (also Steuern) zu tun – wir sind schliesslich in der Schweiz, und der Staat ist gierig.
Nun will ich hier nicht das heisse Eisen anfassen, ob die Politik weniger ausgeben oder von den BürgerInnen mehr einfordern sollten. Ich bleibe bei den gesellschaftlichen Anforderungen an die Ehe. Um sich verheiraten zu dürfen, mussten im Jahr 1864 Männer wie Christian Dänzer (wohnhaft im Boden) und Jean Däpp (Bürger von Adelboden und wohnhaft in St. Imier) nämlich belegen, dass sie bewaffnet waren! D änzer wies dabei «Infanterei-Gewehr und Patronthasche» vor, Däpp «fusil et accessoires». Das belegen Dokumente, die kürzlich im Dorfarchiv Adelboden auftauchten.
Der damalige Sektionsschreiber Aellig attestierte mit seiner Unterschrift dem Christian Dänzer, geboren 1839, dass somit «in dieser Beziehung kein Hindernis vorhanden ist, dem Benannten die Kopulation zu ertheilen oder ihn in die Benutzung der Korporationsgüter eintreten zu lassen».
Wer nun meint, eine angemessene Bewaffnung sei für das Führen einer Ehe sicher keine schlechte Idee, liegt vermutlich falsch. Ein angefragter Historiker vermutet vielmehr, dass das «als Eigenthum angehörende» Gewehr quasi als Leumundszeugnis diente – die Waffe als Beleg für die f inanziellen Reserven, die man für den Aufbau einer Familie benötigte. Vielleicht galt die Wehrhaftigkeit auch als Nachweis für die Mündigkeit und damit für Ehefähigkeit.
Eine beglaubigte Erklärung, dass man als Ehemann oder Ehefrau (oder mehr noch: als Eltern) geeignet ist, wäre vielleicht auch heute keine schlechte Idee. Dafür allerdings die persönliche Bewaffnung heranzuziehen, scheint mir etwas speziell – und die oft gebrauchte Aussage «früher war alles besser» relativiert sich mit dieser Geschichte ebenfalls mal wieder ...

HANS RUDOLF SCHNEIDER

H.SCHNEIDER@FRUTIGLAENDER.CH

SCHLUSSPUNKT - Mit dem Gewehr in die Ehe

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