WENN KINDER MIT BALLONS SPIELEN

Kürzlich wurde die Kandergrunder Bevölkerung frühmorgens auf eine sehr unangenehme Art geweckt: «Ich hatte plötzlich diesen stechenden Geruch in der Nase, an ein Einschlafen war nicht mehr zu denken», so eine Bürgerin. Wenig später war die Ursache des o lfaktorischen Störfalls geklärt: Der Kandersteger Gemeinderat vermeldete via Pressebulletin, im Morgengrauen Hunderte Liter Gülle in die Kander geleitet zu haben. Die Aktion sei als Vergeltung zu verstehen, schliesslich hätten die Nachbarn flussabwärts in der Vergangenheit immer wieder versucht, die Kandersteger Nachtruhe mit anhaltendem Alphorngebläse zu stören. Die Kandergrunder liessen sich diese Racheaktion nicht bieten und brachten unten am Bühlstutz erneut die Alphörner in Stellung – bereit, das Tal weiter oben während mehrerer Tage zuzudröhnen. Eine Eskalation blieb in der Folge aber glücklicherweise aus.

Die beschriebenen Ereignisse haben natürlich nie stattgefunden. Völlig frei erfunden sind sie dennoch nicht, sondern bloss eine Abwandlung der Realität. Zirka 9000 Kilometer weiter östlich machten kürzlich zwei Länder mit skurrilen Aktionen auf sich aufmerksam: Nordkorea hatte rund 250 mit Abfall und Fäkalien behängte Ballons über die Grenze nach Südkorea geschickt. Der geschmacklose Angriff sei eine Reaktion auf Provokationen aus dem Süden. Seit Jahren segeln immer wieder Ballons mit Propagandamaterial nach Norden, in dem Stimmung gegen die Diktatur gemacht wird. Südkorea hat auch schon Lautsprecher an der Grenze installiert, um den rückständigen Nachbarn mit modernem K-Pop (koreanische Popmusik) zu beschallen. Der Norden will diese Aktion nun kopieren.

Man darf an dieser Stelle guten Gewissens an der Menschheit zweifeln. Gleichzeitig gilt es aber auch zu bedenken: Während die Koreaner Müll vom Himmel fallen lassen, sind es andernorts Bomben. Statt mit Schall werden die Menschen in anderen Gegenden mit Artillerie angegriffen.
Solange Kinder mit Kinderspielzeug spielen, kann man sich amüsieren. Ernst wird es erst, wenn sie zu Geräten für Erwachsene greifen.

JULIAN ZAHND

J.ZAHND@FRUTIGLAENDER.CH

SCHLUSSPUNKT

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