Von Kühen, Schafen, Geissen und Käse

Als Dreikäsehoch verbrachte ich die schönsten Ferien bei Onkel Walter und Tante Marie in ihrer Seeländer Käserei. Da war zwar frühes Aufstehen angesagt. Dafür durfte ich die von den Bauern gebrachte Milch wiegen und ins Büchli eintragen, noch warme Schotte in ihre Milchkannen für die Schweinemast füllen, zuschauen beim Käsen und dem Einreiben der knapp 100 Kilo schweren Emmentaler mit Salz im kühlen Keller.
Während meiner Kandersteger Zeit begleitete ich später unzählige Pfadfindergruppen aus aller Welt auf die Allmenalp zu Reichens. Auch hier war frühes Aufstehen gefragt, um rechtzeitig zum Käsen anzukommen. Belohnt wurde der steile Aufstieg mit einem Alpkäse-Znüni.
So richtig zum Käseliebhaber wurde ich allerdings erst dank meinem damaligen Chef, einem Dänen. Er bestellte zum Abschluss eines Essens statt eines süssen Desserts immer ein Chäsplättli. Er war es auch, der mich in die Käsevielfalt einführte – schliesslich lässt sich Käse auch aus Schaf- und Geissenmilch zu kulinarischen Köstlichkeiten verarbeiten.
Mein Wohnortwechsel auf die Hellbühler Höhen ob Luzern war denn auch ein bisschen wie heimkommen: In der Umgebung gibt es noch drei Käsereien. In unserem Dorf wird Emmentaler produziert. Im Nachbardorf Ruswil stellt die Bio-Genuss-Käserei Spezialitäten her, auch aus Milch von Entlebucher Büffeln. Die Chäsi in Geiss kreiert eine Vielfalt originell benannter Sorten: Hoselupf-Chäs, Jodler-Mutschli und – Nomen est Omen – Geisskäse! Diese und wohl an die 50 weitere aus nah und fern (einschliesslich des Kantons Bern) hält Jaquelines Chäsi-Lädeli in Ruswil feil. Das besuche ich regelmässig auf meiner wöchentlichen Einkaufstour. Höhepunkt dieses Jahres ist das Käsefest Luzern auf dem Kapellplatz am 19. Oktober 2024, der grösste Käsemarkt der Zentralschweiz. Da dürfen auch Gäste mitmachen, beispielsweise die Bio Alpkäserei Pfrund Senggi am Niesen von Familie Christa und Stefan Sieber aus Reichenbach im Kandertal.
«Kühe sammeln» ist das grosse Hobby meiner Frau. Als wir uns kennenlernten, besass sie bereits unzählige Objekte in unterschiedlicher Grösse und Machart. Sie hat mich mit ihrer Leidenschaft angesteckt. Mittlerweile gehört zu den originellsten Exemplaren in unserer Sammlung das dreidimensionale Bild zweier Simmentaler-Kuhköpfe von Schnitzer Toni aus Frutigen. Die grösste, schwarz-weiss gefleckte Kuh steht lebensgross auf dem Balkon. Ob’s eine Freiburgerin oder eine Holsteinerin ist, ist nicht ganz klar, aber einen Blickfang stellt sie so oder so dar. Die ausgefallensten Kuhexemplare finden wir auf Märkten, beispielsweise der Brocante in Saanen, jeweils am ersten Samstag im August. Da stehen auch einfache, wahrscheinlich von Kindern zum Zeitvertrieb auf der Alp gefertigte Modelle zum Kauf bereit: ein roh bearbeitetes Stück Holz, Schnur für den Schwanz, Reissnägeln für die Ohren, bemalt mit Farbstiften. Im Saaner Antiquitätengeschäft «Vache Bleue» – der Name ist (fast) Programm – finden sich auch immer wieder ausgefallene Modelle, mittlerweile allerdings zu unerschwinglichen Preisen. Was uns vermuten lässt, dass auch Andere auf den Kuh-Geschmack gekommen sind – und dies nicht nur auf dem Teller.

KURT METZ

MAIL@KURTMETZ.CH

KOLUMNE – Von Kühen, Schafen, Geissen und Käse

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