Ein Rundgang voller Fragen – und Antworten
14.06.2022 KanderstegSeit mehreren Jahren bewegt der Spitze Stein Gelände und Gemüter. Das Felssturzereignis von Ende 2019 führte zu verschiedenen baulichen und planerischen Massnahmen. Der Informationsrundgang vom Samstag bot der Bevölkerung die Gelegenheit, sich ein Gesamtbild zu machen.
MICHAEL MAURER
«Mir bedeutet es viel, der Bevölkerung zu zeigen, was die Gemeinde für den Schutz vorkehrt» und «das Thema bewegt». So äussert sich der Kandersteger Gemeinderatspräsident René Maeder am Samstag im Rahmen des Informationsrundgangs Spitzer Stein und des Tages der offenen Tür der Feuerwehr. Welche Taten seinen Worten zugrunde liegen, kann die Bevölkerung auf einem Rundgang mit verschiedenen Posten erfahren.
Los geht es mit einem Film im Gemeindesaal. «Einfach mal schauen», instruiert die Postenbetreuerin. Zu sehen erhält das gute Dutzend Zuschauer Aufnahmen, die Murgänge unterschiedlicher Ausprägungen zeigen. Man lernt, dass sich Schlammlawinen etwa in Bezug auf Wasser- und Materialmengen oder die Geschwindigkeit voneinander unterscheiden. Und «Murgänge sind kein Schauspiel», wie in einer Filmsequenz klar und deutlich erklärt wird.
Breit abgestützte Überwachung
Weil von den Massen aus Gestein, Erde und Wasser erhebliche Gefahr ausgeht, muss vorgesorgt werden. Dazu gehört die Überwachung instabiler Gebiete, wie dies beim Spitzen Stein der Fall ist. An einem weiteren Posten lässt sich eine Schar Interessierter die Überwachungsmassnahmen erklären. Diese werden mit verschiedenen Hilfsmitteln von der Drohne bis hin zu GPS-Signalen und Radar vorgenommen. Der Experte vor Ort geht auch auf die geologischen Besonderheiten und Eigenschaften ein. Diese Zeitreise beginnt vor einigen tausend Jahren und reicht in die heutige Zeit mit der Permafrostproblematik.
Unvorteilhafte Gesteinsschichtungen und das Gefälle tragen zu ungünstigen geologischen Voraussetzungen bei. «Es ist wie eine Rutschbahn», veranschaulicht der Fachmann. Genau derartiges Erkennen von Abhängigkeiten soll dem Bürger auf dem Parcours ermöglicht werden, erklärt Gemeinderat Sebastian Bichsel. Weil die Zusammenhänge bei den Geschehnissen rund um den Spitzen Stein umfassend und komplex sind, ist ein ausgedehnter Rundgang entstanden. «Man wollte diesen kleiner machen, doch all die Zusammenhänge sollten aufgezeigt werden», meint Toni Rösti, Präsident der Schwellenkorporation.
Grosse Herausforderungen und markante Bauwerke
Die Schwellenkorporation und deren Vorsteher werden aufgrund der Vorgänge stark gefordert. Dies betrifft nicht nur den zeitlichen Aufwand, sondern auch die Verantwortung gegenüber dem Bürger. Toni Rösti begrüsst die Veranstaltung nicht zuletzt auch, weil die Kandersteger und andere Interessierte ihre Fragen direkt den Fachleuten stellen können.
Von dieser Möglichkeit wird rege Gebrauch gemacht. Unabhängig davon, ob an den Posten mit Plakaten oder anhand von Würfeln Eintretenswahrscheinlichkeiten angesprochen oder ob die Gefährdungsgebiete thematisiert werden: Wortmeldungen, auch kritische, bleiben nicht aus. Selbstverständlich fallen auf dem Rundgang die bereits getätigten baulichen Schutzmassnahmen auf. «Was wir machen, ist für kleinere und mittlere Ereignisse», sagt Toni Rösti dazu. Schliesslich wird der Verhältnismässigkeit Beachtung geschenkt. Allerdings sind die sichtbaren Werke wie die Dämme Oeschiwald und Zilfuri mit dem markanten Netz, das Geschiebe zurückhalten soll, sehr eindrücklich. Diesen und weiteren Vorkehrungen wird am Posten «Notmassnahmen» auch bereits eine sehr gute Wirkung attestiert. Dass man aber nicht alles absichern kann, dürfte auch der Bevölkerung bewusst sein. «Das Leben ist ein Risiko», wirft eine Frau ein.
Positives Fazit und weiterhin viel Arbeit
Die Bautätigkeit ist noch nicht abgeschlossen. So werden die Dämme zusätzlich erhöht und ein Abflusskorridor zur Wasserrückführung in die Kander realisiert. So weit die Planung. Doch wie lange der Spitze Stein die Behörden und Einwohner Kanderstegs noch intensiv beschäftigen wird, bleibt offen. «Für uns ist dies unbestimmt», räumt Toni Rösti aus Sicht der Schwellenkorporation ein. Eine grosse Herausforderung wird in den nächsten Jahren, sowohl logistisch wie auch finanziell, die Geschiebematerialbewirtschaftung darstellen.
In Sachen Bilanz zum Informationsrundgang herrscht da schon mehr Klarheit: «Wir haben sehr gute Rückmeldungen erhalten und wir sind froh, dass wir es gemacht haben», fasst Rösti zusammen. Damit ist eingetroffen, was eine Helferin der Veranstaltung auf den Punkt gebracht hatte: «Es ist eine grosse Chance, dass die Leute das Ganze mal sehen und begreifen können.»