Heute übergibt Plattenleger René Schmid von Schmid Keramik in Adelboden das Zepter. Es ist ein gut geplanter Schritt. Bereits vor fünf Jahren hat sich die Nachfolge mit einem ehemaligen Lehrling, welcher jetzt noch sein Angestellter ist, abgezeichnet.

RUTH STETTLER
Das Plattenlegergeschäft im Ausserschwand wird ab Januar 2021 «Kerawerk» heissen und wenn man mit dem Chef sprechen will, muss anstelle von René Schmid nach Adrian Marcon gefragt werden. Schmid wird jedoch weiterhin für die Firma, welche er im Jahr 1989 gegründet hat, arbeiten, jedoch neu als Angestellter. Sorgfältig hat er seinen Nachfolger Marcon in den Chefposten eingeführt und wird ihn bei Bedarf auch im Büro und bei der Beratung weiterhin unterstützen.

Schmid hat bei der Firma von Robert Josi im Stiegelschwand seine dreijährige Lehre absolviert. Das war in den 1970er-Jahren, als Mosaik-Kleinformatplättli die Küchen und Bäder zierten. Knapp 50 Jahre später ist genau das Gegenteil angesagt: grosse, meistens einfarbige Platten, nicht selten mit besonderen Lichteffekten versehen, sind nun modern. Um immer auf dem neusten Stand zu sein, hat René Schmid zahlreiche Weiterbildungen besucht. Zudem war er 30 Jahre lang Prüfungsexperte im luzernischen Dagmersellen, er war in Sachen Keramik also immer auf dem Laufenden.

«Das Handwerk wird hier gelebt»
Dem Plattenlegermeister waren die Ausbildung des Nachwuchses und die Arbeitsplätze im Tal ein grosses Anliegen. So bildete Schmid neun Lehrlinge aus Adelboden aus. Zwei davon führen heute eine eigene Firma, Marcon ist nun der dritte. Dass seine Lehrlinge zur Konkurrenz wurden, hat ihn sogar mit Stolz erfüllt. Schliesslich sind alle vier Plattenlegergeschäfte in Adelboden ausgelastet. «Das Handwerk wird hier gelebt. Die Abläufe sind unkompliziert, weil alle einander kennen und unterstützen.» Das gefällt René Schmid. Er sieht im Bauhandwerk eine Zukunft; es bestehen Aufstiegsmöglichkeiten mit der Polierschule, der Meisterprüfung oder in der Beratung. Wer pflichtbewusst ist, keine «zwei linken Hände» hat, den «Dreck» nicht scheut und eine gute körperliche Verfassung hat, könne Plattenleger werden. Im Winter arbeiten Schmid und seine drei Angestellten oft in Bern und Umgebung. Seine Bäder im Aussenbereich wurden schweizweit zu einer Spezialität. Dass kein Projekt wie das andere ist, fasziniert Schmid.

Hotelbäder als besondere Aufträge
Aufgrund der grösseren Platten und des aktuellen Baumaterials wurden 2003 eine neue Lagerhalle und eine Werkstatt gebaut. Schmid hat bis jetzt 47 Jahre lang auf seinem Beruf gearbeitet. Trotz der körperlichen Belastung – vor allem die Knie werden stark beansprucht – war er stets gesund. Dafür und dass seine Auftragsbücher immer voll waren, ist er dankbar. Auf seinem Computer sind 1300 Adressen gespeichert. Diese deuten darauf hin, dass er in zahlreichen Wohnungen und Hotels zu tun hatte. In unvergesslicher Erinnerung sind ihm unter anderem zwei Projekte: die Bäder im Hotel Adler, welche 1988 gebaut wurden und die er 30 Jahre später auf den neusten Stand bringen durfte, sowie das Hotel Cambrian, das in seinem ersten Geschäftsjahr neu gebaut und 2007 komplett saniert wurde. Schlaflose Nächte gab es nicht sehr viele. Der eine oder andere Grossauftrag stellte für die kleine Firma aber eine Herausforderung dar. Dennoch: René Schmid würde seinen Beruf nochmals ergreifen.

Work-Life-Balance als Chefplattenleger
Der Beruf hat sich natürlich verändert: beispielsweise von der 55- zur 42-Stundenwoche mit fünf Wochen Ferien. Als Chef und erst noch mit dem Büro im Wohnhaus sei es aber so eine Sache mit dem Urlaub … Schmid hat jedoch für seine Frau und seine zwei mittlerweile erwachsenen Kinder einen Mittelweg gefunden: «Jedes Jahr sind wir 14 Tage am Stück in die Ferien gefahren und haben das Geschäft hinter uns gelassen.» Mit 65 Jahren möchte Schmid nun etwas kürzertreten, vielleicht die eine oder andere längere Reise unternehmen. So zieht es ihn nach Kroatien – fürs Skifahren, Velofahren und Wandern dürfte bald auch mehr Zeit und Raum sein.

ZUR PERSON

René Schmid, geboren am 11. Juni 1957, ist in Adelboden aufgewachsen. Nach der dreijährigen Lehre als Plattenleger im Stiegelschwand arbeitete er zehn Jahre auf diesem Beruf in Bern. 1988 erlangte er das Diplom als eidgenössisch diplomierter Plattenlegermeister und am 1. Mai des darauffolgenden Jahres gründete er die Firma Schmid Keramik in Adelboden.

RS

Vom Chef zum Angestellten

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